8 Songs, die Hall zum Star machen
Wir zelebrieren die Tracks, die es ernst meinen mit dem Hall – mach dir Notizen!
Hall ist essentiell. Songs mit Hall – sofern er effektiv eingesetzt wurde – stechen meistens hervor. Hall ist ein derartig nützlicher Audioeffekt, weil er so unfassbar flexibel ist.
Warum klingen diese Vocals so himmlisch? Wie kommt es, dass diese Gitarre so träumerisch klingt? Warum fühle ich mich in einen tatsächlichen Raum versetzt, in dem diese Instrumente existieren?
Die Antwort lautet: Hall.
Hall ist sowohl ein technisches als auch ein kreatives Tool. Hall erschafft Emotionen, ein bestimmtes Vintage-Gefühl, Raum, Tiefe und sogar Schlagkraft (siehe Nr. 7)! Er wird dazu eingesetzt, sowohl natürlich klingende Räume als auch komplett surreale Stimmungen zu erschaffen.
Um daher jene Tracks zu zelebrieren, die es mit dem Hall ernst meinen, kommen hier 8 Tracks aus unterschiedlichen Genres, die Hall auf meisterhafte und originelle Weise einsetzen. Lass dich inspirieren und drehe an den Knöpfen!
1. King Tubby “Dub You Can Feel”
Osbourne Ruddock alias King Tubby war eine der Schlüsselfiguren der jamaikanischen Soundsystem-Szene der 50er Jahre.
Seine Produktionen und Arbeit als Tontechniker waren in den 60ern und 70ern ausschlaggebend für die Entwicklung von Dub und Reggae. Er ist bekannt für seine innovative technische Arbeit sowie für die Erfindung des Remix-Konzepts.
Hall war eine von Tubbys Geheimwaffen – und das, was Dub so besonders macht. Jamaikanische 45er pressen häufig den Haupttrack auf eine Seite und eine Instrumentalversion auf die andere Seite.
Hall ist eine von Tubbys Geheimwaffen – und das, was Dub so besonders macht.
Bei der Produktion einer ‘Version’ ohne Vocal-Spur nahm sich Tubby viel kreative Freiheit. Er akzentuierte dieses oder jenes Instrument, fügte ein paar Delays, Echos und Hall hinzu – eine massive Innovation zu jener Zeit. Das Ganze wurde bald als Remixing bekannt.
Ein perfektes Beispiel für Tubbys geschickten Einsatz von Hall findet sich auf dem Track “Dub You Can Feel”. Hör dir den Hall auf der Snare an – der klassische “Boing”-Effekt eines Federhalls, der für Dub-Musik so typisch ist.
2. Joe Meek “I Hear A New World”
Joe Meek ist ein bemerkenswerter britischer Toningenieur, Plattenproduzent und Songwriter, der in den 50ern und 60ern aktiv war. Seine Experimente mit Effekten wie Overdubbing und Samplingwaren zudem bahnbrechend für Space-Age-Pop und psychedelische Außenseiter-Musik.
Auf seinem Kult-Album I Hear a New World von 1960 setzte Meek diverse Arten von Effekten ein, darunter Pitch-Shifting, Panning und natürlicher Hall.
Eines von Meeks berühmtesten Verfahren bestand darin, Instrumente in verschiedenen halllastigen Räumen in seinem Studio und Haus aufzunehmen – wie unter der Treppe oder im Badezimmer.
Hör dir die unterschiedlichen Arten von Räumen an, die er anhand diverser Hall-Arten erschaffen hat, insbesondere in der einzigartig spacigen Zeile ‘I Hear a New World’ in den Backup-Vocals.
3. Led Zeppelin “When The Levee Breaks”
Dieser Song von Led Zeppelin setzt diverse Effekte absolut meisterhaft ein.
Im Zentrum des Tracks steht die Drum-Performance. Sie wurde bekannterweise auf einem brandneuen Ludwig-Set im Flur des dreistöckigen Treppenhauses aufgenommen. Für die Aufnahme wurden zwei Beyerdynamic M160 Mikrofone am oberen Ende des Treppenhauses aufgestellt. So wurde der unverwechselbare, sehr natürlich klingende ‘Großraum’-Hall und der gedämpfte Sound erzeugt, der diese Drum-Aufnahme so einzigartig macht.
Hör dir den berühmten ‘Wirbel’-Effekt am Ende des Songs an, der durch eine rückwärts abgespielte Harmonika, ein umgekehrtes Echo, Phasing, Flanging und Panning erzeugt wurde. Dadurch entsteht der Eindruck, alle Instrumente drehten sich um Robert Plants Vocals, die stets in der Mitte bleiben.
4. Grimes “Venus In Fleurs”
Hall und Vocals passen prima zusammen, insbesondere wenn es um ätherischen Traum-Pop geht. Es gibt keinen besseren Weg, einer Gesangsspur ein wenig Dramatik und etwas Engelhaftes zu verleihen.
Die kanadische Produzentin, Songwriterin und Sängerin Grimes hat diesen Gesangsstil im experimentellen Pop der 2010er Jahre berühmt und beliebt gemacht. Bei dieser Art von Produktion geht es nicht darum, die Lyrics genau zu verstehen, sondern hauptsächlich um das Feeling und das durch die Melodie des Gesangs und den Hall erzeugte Ambiente.
Es geht hauptsächlich um das Feeling und das durch die Melodie des Gesangs und den Hall erzeugte Ambiente.
In ‘Venus In Fleurs’ werden die Vocals durch den Hall in den Hintergrund gedrängt, fast schon bis zur Ambient-Schicht. Der Hall auf den dröhnenden Gitarren verstärkt diesen verwaschenen, fernen Effekt.
Grimes verkörpert eine komplette Generation von ‘Schlafzimmer’-ProduzentInnen aus dem letzten Jahrzehnt, die sich eigenständig das Arbeiten mit DAWs beigebracht haben und Effekte absichtlich an die Grenzen treiben, um so ihren eigenen Stil zu markieren. Hier wurde Punk auf Pop übertragen!
5. The Drums “Down By The Water”
Die Indie-Pop-Band The Drums klingt wie ein Mix aus The Beach Boys, The Smiths und Joy Division. Ihr Track “Down by the Water” ist ein besonders schönes Beispiel dafür, was Hall so alles aus einer Performance machen kann.
“Down By the Water” trieft nur so vor alles umfassendem Hall, der alles zusammenhält. Die Transienten der Snare, des Tambourines und des Gesangs klingen mit einer träumerischen, absichtlich matschigen Qualität nach. So erhält der Track einen gewissen Vintage-Sound und verstärkt die Emotion des Songs. Hör dir das Ende des Songs an: Eine lange Hallfahne klingt so lange nach, bis sie verklingt und dann umgekehrt zurückkommt.
“Down By the Water” trieft nur so vor alles umfassendem Hall, der alles zusammenhält.
Dieser Song ist stellvertretend für eine bestimmte Art des Indie-Pop-Sounds der 2010er Jahre, der New Wave hervorkramt und dem Ganzen eine träumerische Pop-Qualität verleiht, die deine Tränen mit 100% ‘Wetness’ trocknet.
6. Shinedoe “Cosmic”
Chinedum Nwosu alias Shinedoe ist eine DJane und Produzentin aus Amsterdam. Sie bedient sich der melodischen Reichhaltigkeit von Detroit-Techno und Chicago-House, um opulente Tracks mit viel Tiefe und Weite zu kreieren.
Der Track “Cosmic”, der, was seinen reichhaltigen Hall angeht, eindeutige Dub-Einflüsse aufweist, wendet den Effekt auf interessante Weise auf Synth-Pads, Vocal-Samples und Claps an. Der Decay verlängert die Oberschwinungenen von Akkorden, wodurch sie sich in eine allumfassende Ambient-Schicht verwandeln. Er hält mehrere Synthesizer zusammen und kreiert ein zusammenhängendes Ganzes.
Der Decay verlängert die Oberschwinungenen von Akkorden, wodurch sie sich in eine allumfassende Ambient-Schicht verwandeln.
Im Club liefert Hall transformative und umfassende Club-Erlebnisse—von Dub-Techno bis Psytrance. Hall über eine Funktion One? Immer her damit.
7. Phil Collins “In The Air Tonight”
Dieser Pop-Hit des britischen Singer-Songwriters und Schlagzeugers Phil Collins ist das wohl berühmteste Beispiel fur ‘Gated Reverb’. Diese Art von Hall hat eine sehr kurze Hallfahne, die sich der Hilfe eines Noise Gates bedient.
Der Gated Reverb in “In the Air Tonight” liefert einen schlagkräftigen, vollen Sound (besonders bei der Snare und den Drums zu hören), der dicht und klar bleibt.
Das Tolle an Gated Reverb ist, dass er nicht versucht, einen natürlich klingenden Effekt zu kopieren – es wäre unmöglich, einen solchen Hall in einem echten Raum zu finden.
Stattdessen verleiht er epischen Drum-Soli unfassbare Power. Danke, dass du du uns das melodramatischste Drum-Break aller Zeiten beschert hast, Phil.
8. Blake Mills “Shed Your Head”
Blake Mills ist ein Gitarrist, Songwriter und mit dem GRAMMY ausgezeichneter Produzent. Er hat an Alben von Sky Ferreira, Fiona Apple, Alabama Shakes, John Legend und Perfume Genius mitgearbeitet.
Der Track “Shed Your Head” von Mills’ Soloalbum Heigh Ho ist ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie man realistischen Raum mit organischem Hall nachstellen kann. Der Hall in dem Song erschafft Raum auf subtile und überzeugende Weise.
Der Hall in diesem Track platziert alle Instrumente in einem natürlich klingenden Raum, wodurch die gesamte Performance eine warme Beschaffenheit erhält.
Hier haben wir den Beweis dafür, dass Hall nicht immer aufgebläht oder übertrieben werden muss, um den gewünschten Effekt zu erzielen.
Mills’ Gitarrensound klingt mit Hall viel reichhaltiger und samtiger. Der Hall in diesem Track platziert alle Instrumente in einem natürlich klingenden Raum, wodurch die gesamte Performance eine warme Beschaffenheit erhält.
Mills hat einmal in einem Interview gesagt: “Die Gitarre wurde lange stets schrill gespielt. Das hat mich sehr beeindruckt…”
Doch nachdem er sich einige Zeit lang Platten von Nina Simone und Thelonious Monk angehört hatte, wollte er plötzlich kein ‘beeindruckender’ Gitarrist mehr sein:“Ich wollte einfach nur ein bewegender Gitarrist sein.”
Könnte Hall dazu seinen Beitrag geleistet haben?
Die vielen Facetten des Halls
Die hier genannten Beispiele beweisen, dass Hall ein extrem vielseitiger Effekt ist – egal ob du Techno, Rock, Pop oder experimentelle Musik machst.
Hall kennt keine Genre-Grenzen und ist sowohl ein technisches als auch ein kreatives Werkzeug. Es eignet sich perfekt zum Erzeugen von Stimmungen und Räumen.
Lass dich von diesen Songs und den MusikerInnen mit ihren einzigartigen Herangehensweisen an Hall inspirieren, um sämtliche Facetten dieses Effekts für deine eigenen Produktionen zu erkunden.
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