Plugins vs. Hardware: Warum Software besser ist, als du denkst

Plugins vs. Hardware: Warum Software besser ist, als du denkst

Ah, Plugins vs. Hardware… Auf Foren wird diese Debatte seit den Anfängen des digitalen Zeitalters hitzig ausgetragen.

Die Debatte ist insbesondere für fortgeschrittene Produzent*innen relevant, die das Meiste aus ihrem Setup herausholen wollen. Ist Hardware die Investition wert?

Die Antwort lautet: Es ist kompliziert.

Ich werde nie meine erste Session im Hardware-Studio vergessen. Ich war vollkommen im siebten Himmel, dass ich endlich mal mit echten Mischpult-Reglern herumhantieren konnte.

Doch es war auch eine Erfahrung, die mir die Augen geöffnet hat.

Als ich mit den Herausforderungen, denen man sich bei der Arbeit mit Hardware-Geräten stellen muss, konfrontiert wurde, fing ich an, die Vorteile des digitalen Workflows zu schätzen.

Hier sind sechs Aspekte, bei denen Plugins Hardware im Studio überbieten können.

1. Analoges Rauschen ist eine Tatsache

In der goldenen Ära des Studios hatten leitende Ingenieur*innen ein Team aus Assistent*innen und Techniker*innen, die ihnen dabei halfen, die Arbeit zu bewältigen.

In einem geschäftigen Profi-Studio bedeutete bereits der Ausfall eines einzigen Mischpult-Kanals, dass der grundlegende Prozess ins Schlingern geriet.

Heutzutage wird Mischpulten nicht annähernd so viel Aufmerksamkeit geschenkt, wie das im analogen Zeitalter der Fall war, als das Wartungspersonal noch dafür zuständig war.

Das heißt, dass sich alternde, komplizierte und energiefressende Geräte häufig in eher mangelhaftem Zustand befinden. Ein beklagenswertes Mischpult (oder jedes andere Gerät in mangelhaftem Zustand) können alle möglichen Arten von Artefakten hervorrufen.

https://blog-dev.landr.com/wp-content/uploads/2019/02/Plugins_are_better_1-analog_noise.jpg

Da jeder analoge Export in Echtzeit vonstatten geht, bedeutet auch nur das kleinste Problem, dass du wieder von vorne loslegen musst.

Da jeder analoge Export in Echtzeit vonstatten geht, bedeutet auch nur das kleinste Problem, dass du wieder von vorne loslegen musst.

Falls du mit einem Mischpult ohne Automation arbeitest (oder, was noch wahrscheinlicher ist, die Automation kaputt ist – motorisierte Fader sind häufig die ersten Elemente klassischer Pulte, die kaputt gehen), musst du auch die Automation-Performance korrekt einfangen.

Das ist nicht gerade leicht zu wiederholen!

2. Die Überarbeitung ist ein Alptraum

Jede*r, die oder der schonmal einen Mix für eine*n Kund*in überarbeiten musste, weiß, wovon ich rede.

Die Vorstellung, dass man Stunden damit verbringen muss, kurz vor zwölf jeden Regler und Fader neu einzustellen, nur um das Hi-Hat-Mikro um 1,5dB nach unten zu regeln, weil die Kundin oder der Kunde am Ausrasten ist, tut weh.

Erinnerst du dich an das Team an Assistent*innen, das ich vorhin erwähnt habe? Leitende Ingenieur*innen würde so gut wie nie ihre eigenen Sessions überarbeiten.

Es sind die Mitarbeiter*innen, die sich um solche grundlegenden Aufgaben kümmern, sodass die Chefin oder der Chef Zeit für andere Dinge hat. Doch heutige Analog-Studios verfügen über diesen Luxus meistens nicht…

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Falls du Änderungen an einem exportierten Mix vornehmen willst, musst du dein Session-Protokoll konsultieren, um das Mischpult wieder entsprechend einzustellen. Du hast dir deine Einstellungen notiert, oder?

Es kann eine Weile dauern, bis du deinen Mix wieder vollständig konstruiert hast. Doch das Schmerzlichste an dem Ganzen?

Du wirst deinen Mix nie zu 100% rekonstruieren können. Sehr detaillierte Session-Notizen können dafür sorgen, dass du so nah wie möglich herankommst, doch du kannst die Zeit eben nicht zurückdrehen und wieder den exakt gleichen Sound des vorherigen Mixes herstellen. Sehr frustrierend.

Und das gilt für alle Arten analoger Workflows, da dort Sounds und Einstellungen eben im Moment entstehen. Überlege dir genau, ob du das willst.

3. Hardware ist schwieriger zu benutzen, als du vielleicht denkst

Hinter jedem schön organisierten Hardware-Rack verbirgt sich ein verwursteter Kabelsalat.

Diese Kabel führen zu einer Patchbay, wo du deine Verbindungen über spezielle Patchbay-Kabel sorgfältig herstellen musst.

Wenn du in deiner DAW alles erst richtig routen, das richtige Außenbord auf die richtigen Kanäle schalten und die richtigen Patch-Punkte auf der Patchbay finden musst, kann das deinen Prozess locker um ein paar Stunden verlängern.

Wenn du in deiner DAW alles erst richtig routen, das richtige Außenbord auf die richtigen Kanäle schalten und die richtigen Patch-Punkte auf der Patchbay finden musst, kann das deinen Prozess locker um ein paar Stunden verlängern.

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Das Ganze ist noch viel komplizierter, wenn du Hardware auf Spuren und Busse eines alten Mischpults einfügen willst.

Und wenn du nach dem Export eine einzige Einstellung verändern willst, musst du gleich alles überarbeiten!

Diese Nachteile mögen nicht so zur Last fallen, wenn du nur ein einziges Hardware-Gerät in deinem Studio hast, doch in diesem Fall hast du wahrscheinlich ein anderes Problem…

4. Dein Außenbord ist nur so gut wie dein D/A

Hardware-Bearbeitung bei der Eingabe ist ziemlich risikobehaftet.

Außer du hast viel Erfahrung und kennst dich mit deinem Equipment extrem gut aus, können schon ein paar Dezibel zu viel bei der Kompression oder dem EQing deinen Mix in einen Alptraum verwandeln.

Du kannst Bearbeitungsprozesse immer auch während des Mischens anwenden, doch siee lassen sich nicht zurücknehmen, wenn sie schon bei der Aufnahme gemacht wurden.

Das heißt, dass die meisten Außenbord-Workflows einen zusätzlichen Schritt der AD/DA-Wandlung zum Interface beinhalten.

Bei mehreren Umwandlungsdurchläufen wirkt sich dein Audio-Interface immer stärker auf das Endprodukt deines Mixes aus.

Bei mehreren Umwandlungsdurchläufen wirkt sich dein Audio-Interface immer stärker auf das Endprodukt deines Mixes aus.

AD/DA-Wandlung der Spitzenklasse ist fast nicht sichtbar, selbst bei mehreren Durchläufen in und aus der analogen Domain.

Doch weniger hochwertige Interfaces können Nuancen hinzufügen, die einen reduzierten Dynamikumfang und Frequenzgang in jeder Phase der Wandlung mit sich bringen.

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Häufig klingt ein gutes Plugin besser als mittelmäßige Hardware nach mehreren Phasen minderwertiger AD/DA-Wandlung.

5. Ja, Spitzenklasse-Plugins sind wirklich so gut

Digitale Bearbeitungsprozesse bekamen in den frühen Jahren der DAW-Ära nicht ohne Grund einen schlechten Ruf.

Die ersten Plugin-Generationen hatten mit denselben Problemen zu kämpfen wie die ersten digitalen Aufnahmen.

Diese Sounds und Aufnahmen sind heute nicht mehr von Bedeutung. Doch Plugins haben sich extrem weiterentwickelt.

Plugins machen mittlerweile einen unfassbar wichtiger Teil des Equipment-Markts aus. Plugin-Hersteller investieren seit vielen Jahren viel Geld und engagieren talentierte Ingenieur*innen, um großartig klingende digitale Audio-Tools zu konzipieren.

Plugin-Hersteller investieren seit vielen Jahren viel Geld und engagieren talentierte Ingenieur*innen, um großartig klingende digitale Audio-Tools zu konzipieren.

Natürlich sind nicht alle Plugins hochwertig, doch gute Plugins von namhaften Herstellern können durchaus mit analogem Equipment mithalten.

Heutige Technologien für die Modellierung von Hardware sind unfassbar ausgefeilt. Plugin-Designer*innen scheuen keine Mühen, um die erwünschten Nichtlinearitäten eines analogen Schaltkreises zu reproduzieren.

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Doch auch die Herstellung von Hardware-Equipment ist immer raffinierter geworden.

Moderne Bauteiltoleranzen und Qualitätssicherungsverfahren sorgen dafür, dass die heutige Hardwareproduktion konsistenter ist als jemals zuvor.

Dadurch ist es um einiges wahrscheinlicher geworden, dass eine Emulation genauso klingt wie das Original.

Für modernes Equipment, dessen Produktion nie ausgesetzt wurde, ist eine sorgfältige Modellierung so effektiv, dass sich der Unterschied zwischen Hardware und Emulation nicht groß auf deinen Mix auswirkt. Doch das heißt nicht, dass Designer*innen nicht andauernd versuchen, näher und näher ans Original heranuzkommen!

6. Komfort bedeutet nicht nur, dass man sich Dinge einfacher macht

Zurück zu meiner ersten Hardware-Session.

Aus welchem Grund auch immer war das Kopfhörer-Monitoring des Studios nicht korrekt eingestellt, sodass der einzige Weg, Kopfhörer-Mixe zu bekommen, darin bestand, mit kratzigen Pre-Fader-Ausgängen auf dem Mischpult herumzuspielen.

Es war nicht nur weit entfernt von dem, was ich unter einem “richtigen” Kopfhörer-Signal verstehe, sondern auch noch so eingefärbt, dass es irreführend war.

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Was ich damit sagen will, ist, dass “Komfort” nicht immer mit einfacher Benutzung gleichbedeutend ist – es kann manchmal einfach bedeuten, dass einem grundlegende Notwendigkeiten wie Kopfhörer und Cue-Mixes zur Verfügung stehen.

Es scheint Viele zu geben, die der Ansicht sind, dass das digitale Zeitalter Ingenieur*innen fauler und undisziplinierter gemacht hat.

Es scheint Viele zu geben, die der Ansicht sind, dass das digitale Zeitalter Ingenieur*innen fauler und undisziplinierter gemacht hat.

Doch auf der anderen Seite haben digitale Tools effektiv einige der grundlegenden Probleme, mit denen sich Ingenieur*innen konfrontiert sahen, gelöst. Warum nicht von diesen Stärken profitieren?

Plugins vs. Hardware

Die “Plugin vs. Hardware”-Debatte wird wohl so schnell nicht abebben.

Es gibt auf beiden Seiten so viele Meinungen und Ansichten, dass die Debatte wahrscheinlich nie ganz beigelegt wird.

Beide Seiten verfügen über Vorzüge und stichhaltige Argumente. Deine Entscheidung, ob du das eine oder das andere benutzen willst, beruht eher auf persönlichen Präferenzen als auf objektiven Vorteilen.

Doch bevor du deine Plugins als billige digitale Spielzeuge, mit denen du nie eine gut klingende Aufnahme bekommen kannst, abschreibst, solltest du einen Blick auf die Probleme analogen Equipments werfen – das Gras ist nicht immer grüner auf der anderen Seite!

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Annika Wegerle

Annika liebt verquere Geschichten und schillernde Figuren. Sie schreibt über Musik und alles, was sie sonst in die Finger bekommt.

@Annika Wegerle

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