Wie Sample-Clearing funktioniert: Sounds von Anderen korrekt nutzen

Wie Sample-Clearing funktioniert: Sounds von Anderen korrekt nutzen

“Dein Release wurde abgelehnt, da er möglicherweise Material enthält, das gegen das Urheberrecht verstößt.”

Falls du jemals diese oder eine ähnliche Nachricht von deinem Online-Vertreiber erhalten hast, weißt du, wie verwirrend und entmutigend sie ist.

Die Regeln des Urheberrechts sind nicht immer ganz klar und dennoch können die Konsequenzen verheerend sein. Ein aktuelles Beispiel: alle Tantiemen aus Ed Sheerans Mega-Hit “Shape of You” wurden eingefroren, da es den Verdacht gibt, dass für den Song der Refrain von Sam Chokris Song “Oh Why” von 2015 kopiert wurde.

Wie also verhinderst du, dass du aufgrund von Verstößen gegen das Urheberrecht verklagt oder abgelehnt wirst? Welche Samples darfst du benutzen? Macht es einen Unterschied, falls du beweisen kannst, dass du den betroffenen Song nicht kennst?

In diesem Artikel erkläre ich dir, wie du dir die Nutzungsrechte für bereits existierendes Material einholst, um es in deiner eigenen Musik verwenden zu können.

Die erste Frage, die du dir stellen musst lautet: Welchen Teil eines Musikstücks will ich benutzen – die Komposition, den Text oder die Aufnahme (Sampling)?

Die Komposition: auf einen gemeinsamen Tenor einstimmen

Wenn ein Song erst einmal veröffentlicht ist, kann er von jeder/jedem ohne Erlaubnis gecovert werden. Solange du die Komponist*innen erwähnst und den Song nicht veränderst, ist alles gut.

Doch wenn du einen Teil der Melodie von jemand anderem in deine eigene Komposition integrieren willst, musst du um Erlaubnis fragen.

Wenn du einen Teil der Melodie von jemand anderem in deine eigene Komposition integrieren willst, musst du um Erlaubnis fragen.

Im Gegensatz zu dem, was Songwriter häufig annehmen, gibt es keine festgelegte Anzahl von Noten, die übernommen werden darf. Es geht vielmehr darum, ob die Noten ausreichend als diejenigen des anderen Songs identifiziert werden können.

Falls ein Streit vor Gericht geht, kann die Schuld der Urheberrechtsverletzung sogar dann festgestellt werden, wenn dein Song nicht einmal dieselbe Melodie wie der andere Song hat. Als eine Jury entschied, dass “Dark Horse” von Katy Perry “Joyful Noise” von Flame zu ähnlich war, mussten Perry und ihr Songwriting-Team Flame in den Credits erwähnen und ihm 2,78 Millionen USD auszahlen, was die Musikindustrie erschütterte.

Viele argumentierten, dass der Teil des Songs, der als zu ähnlich angesehen wurde, das Arrangement war, nicht die Komposition. Andere wiesen darauf hin, dass die Notenfolge auch vielen anderen Kompositionen ähnelte, wobei manche sogar Bachs Sonate für Violine in F-moll (Adagio) anführten.

Und auch die Melodie von “Blurred Lines” glich in keiner Weise “Got to Give It Up” von Marvin Gayes. Doch das Arrangement und der Vibe waren dem von Gayes Song ähnlich genug, dass eine Jury Robin Thicke und Pharrell anordnete, dem Gaye-Anwesen 5 Millionen USD zu zahlen.

Und es macht auch keinen Unterschied, ob du eine andere Melodie vorsätzlich kopiert hast oder nicht. Sam Smith und seine Co-Songwriter*innen behaupteten “I Won’t Back Down” von Tom Petty nie gehört zu haben – und dennoch gaben sie zu, dass ihr Song “Stay With Me” Pettys Song ähnlich genug war, um Petty und seinem Co-Songwriter Jeff Lynne Co-Writing-Credits zu geben.

Songtexte: nicht nur Text, sondern Kontext

Beim Thema Songtext gibt es ein bisschen mehr Spielraum.

Wenn du auf Spotify oder Apple Music browst, wirst du feststellen, dass es so etwas wie einen einzigartigen Titel nicht gibt. Nur dann, wenn der Songtext in einem ähnlichen Kontext oder mit ähnlichen Noten wie ein anderer Song benutzt wird, solltest du um Erlaubnis fragen und Credits geben.

Ein perfektes Beispiel ist der Song “2002“von Anne-Marie, der sage und schreibe 18 Songwriter*innen angibt. Das liegt am Refrain, der folgendes enthält: “Oops, I got 99 problems singing ‘bye, bye, bye’ / Hold up, if you wanna go and take a ride with me / Better hit me, baby, one more time”. Das sind alles Referenzen auf Songs, die sie sich als Jugendliche häufig anhörte.

https://blog-dev.landr.com/wp-content/uploads/2019/08/HowSampleClearanceWorks_1200x627_Anne-Marie.jpg

Nicht schwer zu erraten, um welche es sich handelt.

Sampling: Lizenz holen oder sein lassen

Beim Sampling ist alles etwas eindeutiger – du solltest sie stets “clearen”. D.h du musst die Rechteinhaberin/den Rechteinhaber der Aufnahme und des Songs kontaktieren und dir die Erlaubnis einholen, die Samples benutzen können.

Falls sie ja sagen, wird anschließend verhandelt, wie viel des Urheberrechts du für deinen Song brauchst und wieviel du zahlen musst. Häufig musst du sogar eine Zahlung im Voraus tätigen, die gerne mal mehrere tausend Euro betragen kann.

Ich weise darauf hin, dass es keinen Unterschied macht, ob der Release Geld abwirft oder nicht. Auch wenn du den Song nur zu Promotionszwecken nutzt, musst du trotzdem alle Samples clearen.

Auch wenn du einen Song nur zu Promotionszwecken nutzt, musst du trotzdem alle Samples clearen.

Und auch die Lange des Samples macht keinen Unterschied. Der Rapper Moses Pelham hat für seinen Song “Nur Mir” eine kurze Drum-Sequenz aus dem Track “Metal on Metal” von Kraftwerk gesampelt und geloopt.

Obwohl das Sample winzig war, entschied das Gericht für Ralf Hütter von Kraftwerk und gegen Pelhams Anspruch auf “künstlerische Freiheit”. Der europäische Gerichtshof fügte jedoch hinzu, dass kein Verstoß gegen das Urheberrecht vorgelegen hatte, hatte Pelham das Sample so stark manipuliert hatte, dass es nicht mehr zu erkennen gewesen ware.

Nach wie vor verwirrt? Hier sind ein paar grundlegende Regeln, denen du beim Sampling folgen solltest:

1. Mach dir Aufzeichnungen

Mach dir das Leben leichter, indem du festhältst, von wem du Samples benutzt. So behältst du den Überblick.

Mach dir das Leben leichter, indem du festhältst, von wem du Samples benutzt. So behältst du den Überblick.

https://blog-dev.landr.com/wp-content/uploads/2019/08/HowSampleClearanceWorks_1200x627_record.jpg

2. Engagiere eine*n Sample-Clearing-Expert*in

Es ist nicht immer einfach herauszufinden, wer ein Urheberrecht innehat und wie man sich an wen wendet. Es kann sein, dass die Interpretin/der Interpret nicht mehr am Leben ist und die Aufnahme in ihren/seinen Nachlass übergegangen ist.

Und falls die Interpretin/der Interpret noch am Leben ist, macht es das Ganze auch nicht immer leichter – nur wenige Leute haben Kontaktinformationen für Tracy Chapman, Sting oder Lauryn Hill. Übrigens solltest du sowieso davon absehen, Sting zu samplen, falls du den Großteil deiner Credits behalten willst. Der Police-Frontmann hat bekannterweise 100% von Puff Daddy’s “I’ll Be Missing You” und 85% von Juice WRLD’s “Lucid Dreams ” gefordert – und bekommen.

Vergiss nicht, dass das Clearing eventuell nur bestimmte Nutzungen abdeckt. Frage nach einem Clearing “auf Dauer und weltweit für alle Audio-Konfigurationen”.

Wie du mittlerweile wahrscheinlich festgestellt hast, ähnelt Sample-Clearing einem Minenfeld. Du solltest dir stets eine*n Rechtsanwält*in zur Seite holen.

3. Hole dir die Erlaubnis von Songwritern/Verlagen sowie von Interpret*innen/Labels ein

Du musst sowohl die Inhaberin/den Inhaber der Master-Aufnahme als auch des Songs (Verlag) einholen.

Du musst sowohl die Inhaberin/den Inhaber der Master-Aufnahme als auch des Songs (Verlag) einholen.

Als The Verve die Streichinstrumente aus Andrew Loog Oldhams orchestralem Cover von “The Last Time” von den Rolling Stones gesampelt hat, hat er sich die Rechte für das sechs Noten lange Sample vom Besitzer der Aufnahme, Decca Records, eingeholt, jedoch nicht vom ehemaligen Manager der Stones Allen Klein, der die Rechte am Song innehatte.

Schlussendlich musste The Verve Mick Jagger und Keith Richards 100% der Songwriting-Credits zugestehen.

Was wäre passiert, wenn sie vor dem Release einen Deal ausgehandelt hätten?

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Was mich zu einem wichtigen Punkt bringt…

4. Den Weg freimachen für einen Hit

Schlaue Interpret*innen wie Eminem gehen keine Risiken ein und stellen sicher, dass jedes einzelne Sample gecleart ist.

Vielleicht denkst du, du musst ein Sample nicht clearen, weil die Wahrscheinlichkeit, dass die Interpretin/der Interpret, die/den du gesampelt hast, deinen Track hort, relativ gering ist.

Und tatsächlich macht sich fast niemand die Arbeit, jemanden aufgrund eines Tracks, der vielleicht hundert Mal gestreamt wurde, zu verklagen. Doch sollte dein Song Erfolg haben, will auf jeden Fall jemand etwas von dem Kuchen abhaben.

Sollte dein Song Erfolg haben, will auf jeden Fall jemand etwas von dem Kuchen abhaben.

Daher empfehle ich dir, die Person, die du eventuell kopiert hast, immer nach Erlaubnis zu fragen, und zwar bevor du den Song veröffentlichst.

Wie bereits The Verve feststellen musste, bleibt einem absolut keinen Verhandlungsspielraum mehr, wenn es darum geht, Splits auszuhandeln. Vor dem Release kannst du wenigstens noch damit drohen, das Sample aus dem Track zu entfernen.

Doch nicht verzagen – du kannst dir das Arbeiten mit Samples viel leichter – und erschwinglicher – machen, indem du dich bei LANDR Samples anmeldest und dir so Zugang zu Millionen von lizenzfreien Samples holst.

Der zusätzliche Pluspunkt besteht darin, dass du den Musiker*innen, die die Samples kreiert haben, keine Songwriting-Credits geben musst. D.h. mehr Geld für dich.

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Annika Wegerle

Annika liebt verquere Geschichten und schillernde Figuren. Sie schreibt über Musik und alles, was sie sonst in die Finger bekommt.

@Annika Wegerle

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